KEIN TAG WIE JEDER ANDERE!!!Unsere Reporter waren heute bei der Ankunft der 1500 #Flüchtlinge am #Dortmunder Hauptbahnhof. Was sich dort abgespielt hat, war Gänsehaut pur. Das passiert wenn Menschen auf Menschen treffen. Wir lassen das Video wohl lieber unkommentiert. Nur eine Sache sei gesagt: #Welcome
Posted by 17:30 SAT.1 NRW on Sonntag, 6. September 2015
Montag, 7. September 2015
Dortmund Hauptbahnhof Anfang September 2015
Markus Frank: Jakobs Flucht vor Esau. Oder: Schreibt Gott auf krummen Linien schön? Predogt zu Genesis 27-31 in Auswahl
Vorbemerkung des Verfassers:
Beim Predigen ist Vieles dann doch wieder nochmal ziemlich anders geworden als im Manuskript festgehalten. Verbindlich ist das gesprochene Wort. Bitte alle Formfehler stillschweigend zu überlesen.
Und: Fast alle Entdeckungen und Einsichten zur Erzählung von Jakob und Esau sind nicht auf meinem Mist gewachsen.
Und: Fast alle Entdeckungen und Einsichten zur Erzählung von Jakob und Esau sind nicht auf meinem Mist gewachsen.
Liebe Gemeinde,
Geschichten zu Flucht, Vertreibung und Heimat.
Ein älterer Mann aus Aleppo ist mir über den
Fernseher vor Augen. Er ist dort geblieben. In Aleppo. In seiner Heimat. Er ist
nicht geflohen aus dieser Stadt voller zerbombter Häuser und sinnlos getöteter
Menschen. Ein verzweifelter Rufer in der Wüste der Zerstörung: „Gott,/Allah,
was haben wir getan, dass Du das über uns hereinbrechen lässt?“
Geschichten zu Flucht, Vertreibung und Heimat.
Menschen an den Grenzen, die ihren oft
traumatisierten Menschengeschwister die Aufnahme verweigern, Ängste schüren und
Schutzbedürftige bedrohen (Heidenau), aber auch bis an die Grenze ihrer Kräfte
gehen, dass die Fliehenden Zuflucht finden. Mitten in Europa.
Geschichten zu Flucht, Vertreibung und Heimat.
Es ist schon eine Zumutung an den Glauben an
die Fähigkeit von uns Menschen zum Guten und immer wieder auch für den Glauben
an einen liebenden Gott, der auch das Schlimmste zum Guten wenden kann und
will.
Biblische zu Flucht, Vertreibung und
Heimat. Wie gut, dass die Bibel
solche Geschichten kennt und erzählt.
Und damit ermutigt, dass auch die schlimmste Geschichte erzählt werden
kann. Vielleicht ist es das Vornehmlichste, was wir als Kirche Jesu Christ, als
Kirche des auferstandenen Schmerzensmanns tun können: Räume zu schaffen, in dem
solche Geschichten erzählt werden.
So auch heute morgen.
Als ich vor Monaten das Thema diesen
Gottesdienst angeben musste, wählt ich als Unterüberschrift der Geschichte von
Jakobs Flucht vor seinem Bruder Esau die Frage: „Schreibt Gott auf krummen
Linien schön?“
Die krummen Linien sollten in einem Bild
ausdrücken, dass es wohl kein Menschenleben gibt, das völlig glatt und
gradlinig verläuft. Wir alle sind bis heute so manchem Umweg gegangen. Wir alle
tragen Verletzungen und Enttäuschungen
in unserer Seele, manche auch an ihrem Leib. Nicht wenige der Menschen, die z. B. aus Syrien zu uns
kommen, haben Unaussprechliches erlebt tragen Traumata in sich, die sie wohl ein
Leben lang begleiten werden. Allein, dass solche Erfahrungen in einer von Gott
sehr gut geschaffenen Welt möglich sind, kann einen am Leben und wohl auch an Gott
irre werden lassen und vor allem wütend über die Verdreher alles Guten, auch
des Glaubens.
Es ist aber ist aber auch möglich, den Blick
auf die Hoffnung und Kraft zu
richten, dass es nicht dabei bleiben muss und wird: Gott schreibt auf krummen Linien schön!
Deshalb begraben wir unsere Träume von einer
möglichen bessern Welt nicht und auch nicht von einem Himmel, in dem einst
alles zurecht gebracht wird. Und die verwaisten Kindersoldaten wieder sorglos mit
ihren Eltern spielen. Und kein Mensch mehr auf der Flucht ist.
Ein Leben in diesem Glauben an einen liebenden
Gott, der auf den krummen Linien unseres Lebens schön schreibt, hat allerdings
einen Preis, den das Evangelium zu zahlen auffordert. Von diesem Preis erzählte uns schon die
Schriftlesung und auf ganz eigene unsere heutige Geschichte, die Erzählung von
Jakob und Esau. Zu finden im 1. Mosebuch, besonders ab Kapitel 27. Und sie tut
es so nah an unsrem menschlichen Leben entlang, dass sie unsere Träume und
Wünsche vom Himmel auf wunderbare Weise erdet.
In der
Bibel finden sich eine ganze Reihe von Brüdererzählungen. Oft sind es
Konfliktgeschichten. Sie handeln von Konflikten zwischen den Brüdern und deren
Lösung. Gleich beim ersten Brüderpaar Kain und Abel besteht die Lösung im
Brudermord – die denkbar schlechteste Lösung. Bei Ismael und Isaak steht der
Konflikt zwischen den Müttern im Vordergrund, und so wird die Mutter Ismaels mit
ihrem Sohn vertrieben. Bei Josef und seinen Brüdern geht bekanntlich alles gut
aus. In Jesu Gleichnis vom verlorenen Sohn hat der Vater eine wichtige Rolle.
Aber auch da spielt im Hintergrund ein Bruderkonflikt mit –die Lösung bleibt
offen. Heute nun richtet sich unser Blick auf Jakob und Esau.
Im Fall
von Jakob und Esau geht es um einen handfesten Streit zwischen Brüdern,
zwischen Zwillinge sogar. Schon im Mutterleib geht das Gerangel los. Rebekka,
die Mutter, klagt:
Wenn mir's so gehen soll, warum bin ich
schwanger geworden? Und sie ging hin, den HERRN zu befragen. 23 Und der HERR sprach zu
ihr: Zwei Völker sind in deinem Leibe, und zweierlei Volk wird sich scheiden
aus deinem Leibe; und ein Volk wird dem andern überlegen sein, und der Ältere
wird dem Jüngeren dienen. 24 Als
nun die Zeit kam, dass sie gebären sollte, siehe, da waren Zwillinge in ihrem
Leibe. 25 Der erste,
der herauskam, war rötlich, ganz rauh wie ein Fell, und sie nannten ihn
Esau. 26 Danach kam
heraus sein Bruder, der hielt mit seiner Hand die Ferse des Esau, und sie
nannten ihn Jakob. (Gen 25,22-26)
Als erstes kauft Jakob dem Älteren seinen Vorrang als
Erstgeborener ab – um ein Linsengericht, was bekanntlich bei uns zum Sprichwort
geworden ist. Das scheint noch tragbar, verglichen mit dem, was dann kommt.
In enger Zusammenarbeit mit seiner Mutter macht sich Jakob, der Jüngere, daran,
den blinden Vater willentlich und arglistig zu täuschen, um Esau den
Erstgeburtssegen abzuluchsen. Rebekka hatte Jakob lieb steht da.
Esau
plant Jakob umzubringen, aber erst nach dem Tod des Vaters und Rebekka rät
Jakob, zur Verwandtschaft zu fliehen.
Mach dich auf und flieh zu meinem Bruder Laban
nach Haran 44 und bleib
eine Weile bei ihm, bis sich der Grimm deines Bruders legt 45 und bis sein Zorn wider
dich sich von dir wendet und er vergisst, was du ihm getan hast. (Gen 27,43-45)
„… bis er
vergisst, was du ihm angetan hast“, hatte Rebekka zu Jakob gesagt. 20 Jahre
blieb Jakob in der Fremde. Er heiratete zwei Frauen, er bekam elf Söhne und
eine Tochter. Er wurde sehr reich an Herden, Vieh und Menschen. Doch als er
endlich zurückkehrt, weiß er: Sein Bruder hat nichts vergessen. Einfach Wegsein – und wenn es 20 Jahre sind
– ist keine Versöhnung. Und wo die Wunden so tief sind, kann es auch kein
Vergessen geben.
Als Jakob zurückkehrt, ist ihm klar, dass er
nicht so tun kann, als sei nichts gewesen. Er schickt – noch aus sicherem
Abstand – Boten zu seinem Bruder.
Und er
beauftragte sie: So sprecht zu Esau, meinem
Herrn: Dein Knecht Jakob lässt dir sagen: Ich bin bisher bei Laban lange in der
Fremde gewesen 6 und
habe Rinder und Esel, Schafe, Knechte und Mägde, und habe ausgesandt, es dir,
meinem Herrn, anzusagen, damit ich Gnade vor deinen Augen fände. (Gen 32,5-6)
Die
Antwort der Boten ist wenig ermutigend. Sie sagen, Esau sei schon unterwegs,
ihm entgegen, und bei sich habe er 400 Mann. 400 Mann? Für eine
freundschaftliche Begrüßung sind das etwas viel. Der Erzähler vermerkt: Da fürchtete sich Jakob sehr, und ihm wurde bange.
(Gen 32,8) Doch
sogleich erwacht in ihm wieder das alte Schlitzohr. Er teilt sein Lager in zwei
Teile. Seine Rechnung ist einfach:
»Wenn
Esau kommt und das eine Lager schlägt, ist das übrig gebliebene Lager die
Rettung.« (Gen 32,9, BIGS)
Die
Hälfte also schreibt er vorsorglich schon einmal ab. Außerdem stellt er eine
gewaltige Abgabe für seinen Bruder zusammen, um ihn zu besänftigen. Der Text
zählt es auf – es ist ein schier unermesslicher Reichtum: „200 Ziegen und 20
Ziegenböcke; 200 Schafe und 20 Widder; 30 säugende Kamele mit ihren Jungen; 40
Kühe und 10 Stiere; 20 Eselinnen und 10 Eselhengste.“ Mehr als ein kleines
Vermögen bietet er Esau als Geschenk an. Die Worte, die er dazu sagt führen uns
ins Herz der Erzählung.
»Versöhnen
will ich sein Angesicht durch die Abgabe, die vor meinem Angesicht herzieht.
Danach werde ich sein Angesicht sehen, vielleicht hebt er mein Angesicht zu
sich empor.«
So ging die Abgabe vor
seinem Angesicht her …
Das entscheidende Wort
klingt uns im Ohr: Fünfmal ist in diesen wenigen Sätzen vom Angesicht die Rede:
»Versöhnen
will ich sein Angesicht durch die Abgabe, die vor meinem Angesicht herzieht.
Danach werde ich sein Angesicht sehen, vielleicht hebt er mein Angesicht zu
sich empor.«
So weit Jakobs Plan: Die Hälfte seines Besitzes will er durch
Teilung der Herden ganz retten. Von der andern Hälfte macht er eine riesige
Abgabe. Seine Hoffnung ist, dass er so Versöhnung mit seinem Bruder erreicht.
Er weiß: Versöhnung ist nicht umsonst. Zunächst im ganz materiellen Sinn: Sie
ist nicht gratis zu haben.
Und doch kommt es ziemlich anders, als er denkt. Denn bevor Jakob Esau
trifft, macht er eine ganz andere Begegnung. Es ist noch tiefe Nacht. Jakob
schickt seinen ganzen Besitz über den Fluss Jabbok, Esau entgegen. Er bleibt
zurück. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte
anbrach. (Gen, 32,2)
Lesen wir da äußerst lapidar.
Wer das
ist, erfahren wir nicht. „Jemand, ein Mann“ heißt es. Der Kampf geht
unentschieden aus. Der Mann haut Jakob aufs Hüftgelenk und verrenkt es ihm.
Jakob hält den Mann fest und nötigt ihm einen Segen ab. Der Mann benennt Jakob
um. Er soll jetzt Israel heißen. Die Begründung ist: 29 Er sprach: Du sollst nicht mehr Jakob
heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und
hast gewonnen. (Gen 32,29)
Als der
Mann fort ist, versteht Jakob, was da geschehen ist. Er benennt den Ort des
Geschehens Pniel“, „Angesicht Gottes“. Da
ist es wieder, das Angesicht. Aber diesmal nicht das Angesicht Esaus oder das
Angesicht Jakobs, sondern das Angesicht Gottes.
Und Jakob nannte die Stätte Pnuël; denn, sprach
er, ich habe Gott von Angesicht gesehen, und doch wurde mein Leben gerettet. 32
Und als er an Pnuël vorüberkam, ging ihm die Sonne auf; und er hinkte an
seiner Hüfte. (Gen 32,31f)
Zwei Bewegungen finden sich
in der berühmten Geschichte vom Jakobskampf am Jabbok. Scheinbar sind sie
gegenläufig. In Wahrheit aber sind sie eng aufeinander bezogen.
Die eine Entwicklung besteht darin, dass zu Beginn des Geschehens
Jakob unversehrt und im Vollbesitz seiner Kräfte ist. Am Schluss dagegen ist er
„ein Hinkender wegen seiner Hüfte“. Der Mann hat ihn bleibend verletzt. Jakob
ist für den Rest seines Lebens eingeschränkt. Er, der ewig Erfolgreiche, dem
bisher alles gelungen ist, muss eine massive Einschränkung hinnehmen. Das sieht
aus wie eine Bewegung vom Guten zum Schlechten, vom Gesunden zum Behinderten,
vom Erfolgreichen zum Geschlagenen.
Es sieht
so aus – wenn da nicht im Hintergrund noch eine andere Bewegung wäre.
Als es
losgeht und Jakob noch gesund ist, ist es tiefe Nacht. Der Ringkampf, bei dem
Jakob auf die Hüfte geschlagen wird und doch nicht unterliegt, geht bis zum
Morgengrauen. Und als feststeht, dass er nun dauerhaft hinken wird, heißt es: 32 Und als
er an Pnuël vorüberkam, ging ihm die Sonne auf; und er hinkte an seiner Hüfte.
(Gen 32,31f)
Von der Nacht über das
Morgengrauen bis zur aufgehenden Sonne: Diese Bewegung ist keineswegs
gegenläufig zu der vom Gesundsein zum Hinken.
Im Gegenteil! Sie erklärt
erst das Geheimnis dieses Vorgangs. Solange Jakob der Erfolgreiche ist, der
seinen Bruder in der Vergangenheit zweimal aufs Kreuz gelegt hat und es jetzt
wieder mit gut kalkulierten Tricks versucht, kann es nicht zur Versöhnung mit
ihm kommen. Jakob muss im Ringen mit Gott erfahren, dass er in seinen
Möglichkeiten begrenzt wird, dass er eingeschränkt wird, um zur Versöhnung
fähig zu werden.
Versöhnung ist nicht
umsonst. Sie hat nicht nur ihren materiellen Preis. Dass Jakob zur Versöhnung
fähig wird, setzt voraus, dass er zuvor Abschied von seinem Selbstbild des ewig
Erfolgreichen nimmt. In seinem Hinken, über dem die Sonne aufgeht, findet das
seinen symbolischen Ausdruck.
Kaum ist
die Sonne über dem hinkenden Jakob aufgegangen, kommt schon Esau mit seinen 400
Mann heran. Aber er fällt nicht über ihn her– wie befürchtet. Vielmehr, so der
Erzähler, „lief er ihm entgegen, umarmte
ihn, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Da weinten sie“. Die beiden
Männer weinen. Sie lassen sich gehen. Sie haben verstanden, dass es Versöhnung
nicht geben kann, wo jeder nur seine Machtmittel einsetzt, Esau seine 400 Mann,
Jakob seinen Reichtum und seine schier unerschöpfliche Listigkeit.
Jakob
nimmt das Geschenk, das er für Esau gedacht hatte, nicht zurück. Esaus Einwand,
er habe selbst genug, weist er ab.
Doch
Jakob sagte: »Nicht doch. Wenn ich wirklich
Wohlwollen und Zuwendung in deinen Augen gefunden habe, dann nimmst du auch
meine Abgabe aus meiner Hand an. Schließlich habe ich dein Angesicht gesehen,
wie man das Angesicht Gottes sieht, und du hast mich wohlwollend angenommen.
Nimm nun meinen Segen an, der dir überbracht wurde. Denn Gott hat sich
freundlich gezeigt, und ich besitze die Fülle.« So drang er in ihn und der
nahm es an.
Durch die
Annahme des Geschenkes ist die Versöhnung hergestellt. Sie ist nicht umsonst –
sie hat Jakob etwas gekostet.
Aber sie ist auch nicht umsonst in dem andern Sinn
dieses Wortes: Sie ist nicht vergeblich. Indem beide auf ihre
Machtmittel verzichten, kann die Versöhnung von Dauer sein. Jakob selbst stellt
den Zusammenhang mit seiner Gottesbegegnung am Jabbok her. „Schließlich habe ich dein Angesicht gesehen, wie man das Angesicht
Gottes sieht, und du hast mich wohlwollend angenommen.“ In der
Gottesbegegnung hat er eine dauerhafte Beschränkung erfahren, aber er ist nicht
vernichtet worden. Diese Beschränkung ermöglicht ihm den Verzicht darauf, Esau
erneut übervorteilen zu wollen. Es kommt zur Versöhnung.
Zwei
Beobachtungen sind mir noch wichtig:
1. Die Aussöhnung ist gelungen. Aber Jakob drängt
darauf, entgegen Esaus erstem Wunsch, dass die Brüder sich räumlich trennen.
Jeder zieht in seine Richtung, Esau ins Gebirge Seïr, Jakob nach Sukkot. Manchmal ist räumliche Trennung hilfreich,
wenn Versöhnung gelebt werden soll.
2. Am Ende der Geschichte von Jakob und Esau stirbt ihr
Vater Isaak. Knapp notiert die Erzählung: „Esau
und Jakob, seine Söhne, begruben ihn.“ „Esau
und Jakob“ – der Erstgeborene wird wieder an erster Stelle genannt. Das
Machtspiel zwischen den Zwillingen, das schon im Mutterleib begonnen hatte, ist
zum Ende gekommen.
Jakob, der in der
Schlüsselszene des Gotteskampfes am Jabbok gelernt hat, seine Beschränkung
anzunehmen, kann wieder an die zweite Stelle zurücktreten. Die Versöhnung war
wirklich nicht umsonst.
Gott
schreibt auf krummen Linien schön!
Amen.
Lesung
aus Matthäus 5,21-26 in der Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache:
Jesus
lehrte seine Jüngerinnen und Jünger:
21 Ihr
habt gehört, dass Gott zu früheren Generationen sprach: Du sollst nicht
töten. Wer aber tötet, wird vor Gericht als schuldig gelten. 22 Ich lege
euch das heute so aus: Die das Leben ihrer Geschwister im Zorn beschädigen,
werden vor Gericht als schuldig gelten. Und die ihre Geschwister durch
Herabwürdigung beschädigen, werden in der Ratsversammlung als schuldig gelten.
Und wer ihnen das Lebensrecht abspricht, wird im Gottesgericht als schuldig
gelten. 23Wenn du also im Begriff bist, deine Gabe auf dem Altar darzubringen
und dich dort erinnerst, dass eines deiner Geschwister etwas gegen dich hat, 24
so lass dein Opfer dort vor dem Altar und geh’, vertrage dich erst mit deinem
Bruder oder deiner Schwester, und dann magst du kommen und dein Opfer
darbringen. 25 Einige dich schnell mit Menschen, die dich vor Gericht bringen
wollen, solange du noch mit ihnen auf dem Weg bist, damit sie dich nicht
aburteilen lassen und du dem Gerichtsdiener übergeben wirst und ins Gefängnis
musst. 26 Wahrhaftig, ich sage dir, du wirst von dort nicht freikommen, ehe du
nicht den letzten Rest deiner Schulden bezahlt hast.
Sonntag, 6. September 2015
Birgit Mattausch: Aber der Menschensohn hat nichts. Predigt zu Lukas 9,57-62
Text: Lukas 9,57-62
Und als sie auf dem Weg waren, sprach einer zu ihm: Ich will dir folgen, wohin du gehst.
Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.
Und er sprach zu einem andern: Folge mir nach! Der sprach aber: Herr, erlaube mir, dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe.
Aber Jesus sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes!
Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, dass ich Abschied nehme von denen, die in meinem Haus sind.
Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.
Ich will dir folgen, Herr, wohin du gehst
Ich will dir folgen, Herr, wohin du gehst
Ich zieh nur eben andere Schuhe an
Und dann gehen wir
von hier bis ans Meer
Du, ich, die anderen
Über Feldwege und durch Dörfer
Machen Rast unter Birke und Apfelbaum
Und zählen nachts die Sterne
Wir sprechen von Liebe und Traum
Waschen uns im Fluß und haben einander
Ich will dir folgen, Herr
Ich geh fort von Tisch und Bett
Geh weg von Streit und Tod
Und dann laufen wir
Laufen von hier bis ans Meer
Hatices Koffer
Ein Land und eine Grenze und eine Hoffnung und ein Koffer.
Braunes Leder mit Flecken und innen seidengrün.
Was hast du in den einen Koffer gepackt, Valentina, damals?
Und was Du, Hatice?
In den einen Koffer, den ihr mitnehmen konntet?
Ein letztes Mal die Katze füttern.
Der Kuh übers weiche Maul streicheln.
Wer hat euch gewunken, damals?
Wem gabt ihr den Schlüssel eures alten Hauses?
Wo stiegt ihr in den Zug?
Im Koffer vielleicht: ein Foto mit Knick.
An deiner Hand der goldene Ring der Mutter.
Später wirst du ihn tauschen gegen ein Kinderbett.
Aber das weißt du jetzt noch nicht.
Tränen und Schweigen. So viel Schmerz und so viel Mut.
Was hast du in deine Seele gepackt, damals, Valentina?
Und was du, Hatice?
Eure seidengrünen, eure samtroten Seelen.
Den Schatten von Birken, Geschmack von Oliven. Die heimlich gesprochene Sprache, die alten Worte.
Und den Blick der Soldaten an jenem einen Morgen. Der Geruch nach Angst und nach Blut, als du wusstest: du musst gehen.
Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.
Arturs Großvater
Arturs Großvater damals.
Ein kleines Haus. Mit kleinen Zimmern. Mit niedriger Decke.
Dahinter ein Garten.
2 Bäume.
4 Sträucher.
1 Hund
Ein kleiner Junge. Und ein alter Mann.
Ein Knie in einer grauen Hose.
Und zwei Kinderarme klammern sich daran.
Das war eine Stimme: Artur, wir müssen gehen.
Und ein lautes Weinen und ein: Nein. Nein. Nein.
Das war die alte Hand auf dem blonden Jungenskopf.
Und ein Streicheln und ein: Wir werden uns doch wieder sehen.
Und dann war es eine andere Hand und ein klappriges Auto, ein Koffer, ein Zug, eine Grenze, Pässe, ein Arzt.
Später Straßen ohne Müll.
Häuser ohne Hund.
Eine Wohnung, eine Schrankwand, eine Schule, eine Kirche, eine Gang: Bushaltestelle.
Und ein Grab – 5000 Kilometer ostwärts.
Ein Foto davon auf dem Handy: Mein heiliger Ort.
Lass die Toten ihre Toten begraben?
Aber der Menschensohn hat nichts
Das war ein Vogelruf am Morgen und der Geruch von Holz.
Und später war es der Wind vom Meer her und eine Stimme aus den Wolken:
Dies ist mein lieber Sohn. Auf ihn sollt ihr hören.
Und sie ließen die Netze fallen, die Spindeln, Spaten, Teller, Bücher. Und folgten ihm nach.
Wollten sein wie er.
Leben von der Hand in den Mund und von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kam.
Sein Mantel hatte keine Tasche.
Licht war um ihn und Kraft. Und Einsamkeit. Ja. Die auch.
Die Vögel hatten Nester. Und die Füchse hatten Gruben.
Aber er hatte nichts.
Mein Herz will dir folgen, Herr
Ich will dir folgen, Herr. Hab zwar Tisch und Bett, Konto, Kreditkarte, Krankenversicherung, Kühlschrank.
Hab Lohn und Brot und Himmel vorm Fenster und WLAN fast for free.
Und hab doch auch oft nichts, wohin ich mein Haupt legen könnte. Und mein Herz. Und meine Seele.
Ich will dir folgen, Herr.
Und ich will nie vergessen: du heißt auch Artur, heißt Valentina, heißt Hatice.
Und dein Reich beginnt unter Birken, Apfelbäumen.
An Grenzen, Übergängen, Wegkreuzungen.
Es ist eine Handvoll Oliven. Ist Schafgarbe im Wasserglas.
Fremde Sprache. Und ist Neuanfang.
Ich will dir folgen, Herr
ch geh fort von Streit und Tod
Weg von Neid und engen Gedanken
Und dann laufen wir
Laufen von hier bis ans Meer
Du, ich und die anderen
Aus Zeiten, aus Welten
Wir sitzen am Ufer dann
Die Füße im Sand
Den Salzwind im Haar
Unsere Gesichter leuchten
Unsere Träume werden wahr
Der Horizont verschwimmt
Wir säen nicht. Wir ernten nicht. Wir sammeln nicht.
Sitzen nur da.
Und unser himmlischer Vater ernährt uns doch.
Amen.
Und als sie auf dem Weg waren, sprach einer zu ihm: Ich will dir folgen, wohin du gehst.
Und Jesus sprach zu ihm: Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege.
Und er sprach zu einem andern: Folge mir nach! Der sprach aber: Herr, erlaube mir, dass ich zuvor hingehe und meinen Vater begrabe.
Aber Jesus sprach zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh hin und verkündige das Reich Gottes!
Und ein andrer sprach: Herr, ich will dir nachfolgen; aber erlaube mir zuvor, dass ich Abschied nehme von denen, die in meinem Haus sind.
Jesus aber sprach zu ihm: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.
Ich will dir folgen, Herr, wohin du gehst
Ich will dir folgen, Herr, wohin du gehst
Ich zieh nur eben andere Schuhe an
Und dann gehen wir
von hier bis ans Meer
Du, ich, die anderen
Über Feldwege und durch Dörfer
Machen Rast unter Birke und Apfelbaum
Und zählen nachts die Sterne
Wir sprechen von Liebe und Traum
Waschen uns im Fluß und haben einander
Ich will dir folgen, Herr
Ich geh fort von Tisch und Bett
Geh weg von Streit und Tod
Und dann laufen wir
Laufen von hier bis ans Meer
Hatices Koffer
Ein Land und eine Grenze und eine Hoffnung und ein Koffer.
Braunes Leder mit Flecken und innen seidengrün.
Was hast du in den einen Koffer gepackt, Valentina, damals?
Und was Du, Hatice?
In den einen Koffer, den ihr mitnehmen konntet?
Ein letztes Mal die Katze füttern.
Der Kuh übers weiche Maul streicheln.
Wer hat euch gewunken, damals?
Wem gabt ihr den Schlüssel eures alten Hauses?
Wo stiegt ihr in den Zug?
Im Koffer vielleicht: ein Foto mit Knick.
An deiner Hand der goldene Ring der Mutter.
Später wirst du ihn tauschen gegen ein Kinderbett.
Aber das weißt du jetzt noch nicht.
Tränen und Schweigen. So viel Schmerz und so viel Mut.
Was hast du in deine Seele gepackt, damals, Valentina?
Und was du, Hatice?
Eure seidengrünen, eure samtroten Seelen.
Den Schatten von Birken, Geschmack von Oliven. Die heimlich gesprochene Sprache, die alten Worte.
Und den Blick der Soldaten an jenem einen Morgen. Der Geruch nach Angst und nach Blut, als du wusstest: du musst gehen.
Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.
Arturs Großvater
Arturs Großvater damals.
Ein kleines Haus. Mit kleinen Zimmern. Mit niedriger Decke.
Dahinter ein Garten.
2 Bäume.
4 Sträucher.
1 Hund
Ein kleiner Junge. Und ein alter Mann.
Ein Knie in einer grauen Hose.
Und zwei Kinderarme klammern sich daran.
Das war eine Stimme: Artur, wir müssen gehen.
Und ein lautes Weinen und ein: Nein. Nein. Nein.
Das war die alte Hand auf dem blonden Jungenskopf.
Und ein Streicheln und ein: Wir werden uns doch wieder sehen.
Und dann war es eine andere Hand und ein klappriges Auto, ein Koffer, ein Zug, eine Grenze, Pässe, ein Arzt.
Später Straßen ohne Müll.
Häuser ohne Hund.
Eine Wohnung, eine Schrankwand, eine Schule, eine Kirche, eine Gang: Bushaltestelle.
Und ein Grab – 5000 Kilometer ostwärts.
Ein Foto davon auf dem Handy: Mein heiliger Ort.
Lass die Toten ihre Toten begraben?
Aber der Menschensohn hat nichts
Das war ein Vogelruf am Morgen und der Geruch von Holz.
Und später war es der Wind vom Meer her und eine Stimme aus den Wolken:
Dies ist mein lieber Sohn. Auf ihn sollt ihr hören.
Und sie ließen die Netze fallen, die Spindeln, Spaten, Teller, Bücher. Und folgten ihm nach.
Wollten sein wie er.
Leben von der Hand in den Mund und von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes kam.
Sein Mantel hatte keine Tasche.
Licht war um ihn und Kraft. Und Einsamkeit. Ja. Die auch.
Die Vögel hatten Nester. Und die Füchse hatten Gruben.
Aber er hatte nichts.
Mein Herz will dir folgen, Herr
Ich will dir folgen, Herr. Hab zwar Tisch und Bett, Konto, Kreditkarte, Krankenversicherung, Kühlschrank.
Hab Lohn und Brot und Himmel vorm Fenster und WLAN fast for free.
Und hab doch auch oft nichts, wohin ich mein Haupt legen könnte. Und mein Herz. Und meine Seele.
Ich will dir folgen, Herr.
Und ich will nie vergessen: du heißt auch Artur, heißt Valentina, heißt Hatice.
Und dein Reich beginnt unter Birken, Apfelbäumen.
An Grenzen, Übergängen, Wegkreuzungen.
Es ist eine Handvoll Oliven. Ist Schafgarbe im Wasserglas.
Fremde Sprache. Und ist Neuanfang.
Ich will dir folgen, Herr
ch geh fort von Streit und Tod
Weg von Neid und engen Gedanken
Und dann laufen wir
Laufen von hier bis ans Meer
Du, ich und die anderen
Aus Zeiten, aus Welten
Wir sitzen am Ufer dann
Die Füße im Sand
Den Salzwind im Haar
Unsere Gesichter leuchten
Unsere Träume werden wahr
Der Horizont verschwimmt
Wir säen nicht. Wir ernten nicht. Wir sammeln nicht.
Sitzen nur da.
Und unser himmlischer Vater ernährt uns doch.
Amen.
"Das Menschengeschlecht ist durch Migration zu dem geworden, was es heute ist."
Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler in der NZZ zur Geschichte menschlicher Wanderungsbewegungen:
http://www.nzz.ch/feuilleton/ein-blick-in-die-geschichte-menschlicher-wanderungsbewegungen-1.18607660
http://www.nzz.ch/feuilleton/ein-blick-in-die-geschichte-menschlicher-wanderungsbewegungen-1.18607660
Michael Waldmann: Jonas Flucht vor Gott. Predigt zum Buch Jona
Mein
Predigttext ist heute das Buch Jona. Da es vier Kapitel umfasst, will ich Ihnen
eine Kurzfassung erzählen:
Mitten
im schönen Land Israel sitzt Jona. Eines Tages hört er eine Stimme. Gott sagt
zu ihm: „Jona steh auf. Geh in die große Stadt Ninive. Die Menschen dort sind
so böse, dass ich nicht länger zusehen kann. Sage zu ihnen: Gott wird euch
bestrafen.“ Jona geht – aber nicht nach Ninive. Er läuft weg. Er geht in die
andere Richtung. Er geht ans Meer. Er bezahlt Fahrgeld. Er steigt in ein
Schiff. Das Schiff fährt weit weg. Immer weiter weg von Ninive. Da schickt Gott
einen schweren Sturm. Die Wellen sind hoch. Das Schiff ist in Gefahr. Die
Matrosen haben schreckliche Angst. Sie schreien: „Hilf uns Gott! Lass uns nicht
ertrinken.“ Jona hat nichts gemerkt. Er liegt unten und schläft. Einer der Matrosen
geht hinunter und ruft: „Wach auf Jona. Hilf uns beten, damit Gott uns erhört.“
Jona sagt: „Gott wird mich nicht hören. Ich bin an allem schuld. Ich habe ihm
nicht gehorcht. Darum hat er den Sturm geschickt.“ Jona sagt zu den Matrosen. „Werft
mich ins Meer. Dann hört der Sturm auf.“ Die Matrosen werfen Jona ins Wasser.
Ein großer Fisch verschluckt ihn. Sofort hört der Sturm auf. Der Fisch ist tief
unten im Meer. Jona ist im Bauch des Fisches, drei Tage und drei Nächte lang. Jona
ruft zu Gott: „Hilf mir. Hol mich heraus.“ Gott hört Jonas Gebet. Er hilft ihm.
Der Fisch spuckt Jona ans Ufer. Noch einmal sagt Gott zu Jona: „Geh nach
Ninive. Sage den Leuten dort: Gott wird euch bestrafen.“ Jona geht in die große
Stadt. Er ruft den Menschen zu: „Gott wird eure Stadt zerstören. Ihr tut so viel
Böses. Ihr unterdrückt die Armen. Ihr raubt und mordet. Ihr müsst alle sterben.
Nur noch vierzig Tage.“ Die Leute von Ninive erschrecken. Sie ziehen
Trauerkleider an. Sie sagen: „Wir wollen uns bessern.“ Sie beten zu Gott: „Vergib uns. Es tut uns Leid.“ Gott
hört die Menschen von Ninive. Er sagt: “Ich schenke ihnen das Leben. Ich will
die Stadt nicht zerstören.“ Jona ist sauer und sagt: „Ach Herr, genau das habe
ich vermutet, als ich noch zu Hause war. Darum wollte ich ja auch nach Spanien
fliehen. Ich wusste es doch: Du bist voll Liebe und Erbarmen, du hast Geduld,
deine Güte kennt keine Grenzen.
Das Unheil, das du androhst, tut dir hinterher Leid.“
So sitzt Jona vor der Stadt. Eine Staude gibt ihm Schatten. Jona ist zornig. Er sagt: „Gott muss die Stadt zerstören! Die Menschen waren böse. Gott muss sie bestrafen.“ Gott fragt Jona: „Warum bist du zornig? Hast du Grund dazu? Warum freust du dich nicht?“ Gott lässt die Staude verdorren. Jona sitzt in der heißen Sonne. Jona ist zornig. Er hat keinen Schatten mehr. Gott fragt Jona: „Warum bist du zornig? Hast du Grund dazu?“ Jona sagt: „Mit Recht bin ich zornig. Die Blätter waren so schön.“ Gott sagt: „Dir tun die Blätter Leid. Mir tun die Menschen Leid. Sie sollen nicht sterben. Alle Menschen sind meine Kinder.“
So sitzt Jona vor der Stadt. Eine Staude gibt ihm Schatten. Jona ist zornig. Er sagt: „Gott muss die Stadt zerstören! Die Menschen waren böse. Gott muss sie bestrafen.“ Gott fragt Jona: „Warum bist du zornig? Hast du Grund dazu? Warum freust du dich nicht?“ Gott lässt die Staude verdorren. Jona sitzt in der heißen Sonne. Jona ist zornig. Er hat keinen Schatten mehr. Gott fragt Jona: „Warum bist du zornig? Hast du Grund dazu?“ Jona sagt: „Mit Recht bin ich zornig. Die Blätter waren so schön.“ Gott sagt: „Dir tun die Blätter Leid. Mir tun die Menschen Leid. Sie sollen nicht sterben. Alle Menschen sind meine Kinder.“
Liebe
Gemeinde!
Dieses
kleine Buch unterscheidet sich von allen anderen Prophetenbüchern. Es ist
ausschließlich eine Erzählung: die Geschichte von einem ungehorsamen Propheten,
der sich zuerst seiner Sendung entziehen will und sich dann über den
unerwarteten Erfolg seiner Predigt beklagt. Die Geschichte des ungehorsamen
Propheten ist berühmt geworden durch den großen Fisch, in dessen Bauch er drei
Tage und drei Nächte verbringen muss. Es fällt uns schwer vorzustellen, wie
Jona lebend wieder aus dem Fischmagen herausgekommen ist. Aber es gibt noch
mehr Auffälligkeiten in dieser Geschichte. Da ist die Riesenstadt Ninive, die
so groß geschildert wird, dass man zu Fuß drei Tage braucht, um sie zu
durchqueren. Da ist die erstaunliche Bußfertigkeit ihrer so sprichwörtlich
lasterhaften Bewohner, die ein Gegenstück hat in der überraschenden Frömmigkeit
der Matrosen – die beide den störrischen Gottesboten beschämen, der sich bis
zuletzt gegen Gottes Absichten sperrt. Was immer in Ninive geschehen ist – der
Erzähler macht ein Gleichnis daraus, mit dem er etwas Bestimmtes erzählen will.
Gerade die kleinen oder großen Übertreibungen sollen uns – sozusagen mit der
Nase – darauf stoßen. Es will keine historische Erzählung sein. Das Ganze ist
mit einem unverhüllten Spott erzählt, wie er der Geschichtsschreibung ganz
fremd ist. Das Buch will gefallen und belehren. Es ist eine kunstvolle
Lehrerzählung, die in ihrem Heilsverständnis einen Höhepunkt im Alten Testament
darstellt. Das Büchlein bricht mit einer engherzigen Auslegung der Weissagungen
und sagt, dass selbst die nachdrücklichen Drohungen Ausdruck des barmherzigen
Willens Gottes sind, der nur auf ein Zeichen der Reue wartet, um Vergebung zu
gewähren. Es bricht mit dem Konzept, dass das Heil auf einen kleinen Teil der
Welt beschränkt sei und predigt einen weiten Raum der Gnade Gottes, der alle
Welt umfasst. In dieser Geschichte ist die ganze Welt sympathisch: die
heidnischen Seeleute in Seenot, der König, die Bewohner und selbst die Tiere
Ninives, alle Welt. Gott ist barmherzig mit allen, er ist
sogar nachsichtig mit seinem rebellischen Propheten. Was kann aus dieser
vergnüglichen Geschichte gelernt werden? Wir bemerken es, wenn wir auf die
Hauptfigur blicken: Jona. Müsste er sich nicht freuen über den unerwarteten
Erfolg seiner Bußpredigt? Wenn man seine Geschichte aufmerksam liest, erfährt
man, dass schon seine Flucht am Anfang nicht aus Angst vor der bösen Stadt
erfolgt, nicht aus der Sorge vor eigener Erfolglosigkeit oder der Größe der
Aufgabe. Nein. Er bricht nicht nach Ninive auf und flieht vor seinem Auftrag
und vor Gott, weil er den Bewohnern die Umkehr nicht gönnt: „Ach Herr, genau
das habe ich vermutet, als ich noch zu Hause war. Darum wollte ich ja auch nach
Spanien fliehen. Ich wusste es doch: Du bist voll Liebe und Erbarmen, du hast
Geduld, deine Güte kennt keine
Grenzen. Das Unheil, das du androhst, tut dir hinterher Leid.“ Ist das nicht
widersinnig: Gott seine Güte zum Vorwurf zu machen? Aber wer ist Jona? An wen
richtet sich die humorvoll vorgetragene Moral von der Geschicht‘? Zu allen
Zeiten waren gerade die frommen, Gott treu ergebenen Menschen in der Gefahr aus
ihrer Frömmigkeit einen Anspruch abzuleiten und sich unduldsam abzusondern von
allen, die auf anderen Wegen zu Gott finden. So hat sich Israel gegen das
samaritanische Nachbarvolk abgeschlossen, obwohl es dasselbe Gesetz beachtet
und denselben Gott verehrt hat. Wahrscheinlich ist die Geschichte von Jona
gerade damals geschrieben worden. So haben es später die jüdischen Frommen
nicht verziehen, dass Jesus die Zöllner und Sünder in die Gemeinschaft der
Gotteskinder aufnahm. Ist der ältere Bruder des verlorenen Sohnes nicht ein
zweiter Jona, wenn er sich nicht mitfreuen will? Sind wir vielleicht selber
manchmal in der Gefahr, engherziger zu sein als Gott in seiner unendlichen Güte,
von der wir doch alle leben? Ich fürchte schon. Die Frommen und Gott treu
ergebenen Menschen sind heute nicht so viel anders als damals. Christliche
Gemeinde hat oft den Anspruch, dass Menschen auf die ihre Art und Weise zu Gott
finden sollen. Wo habe ich es schon einmal erlebt, dass die Gemeinde am
heiligen Abend den Gottesdienstbesuchern, die an diesem Abend kommen die
bevorzugten guten Plätze gaben? Wer ist selbst frei von dem Gedanken: wenn ich
schon soviel für Gott und seine Gemeinde aufwende, muss er es mir doch
vergelten. Und wenn nicht? Wenn mich Unglück und Unbill des Lebens trifft. Was
dann?
An
dieser Jonageschichte gefällt mir, dass sie mir für dieses Phänomen einen neuen
Blick schenkt. Wenn ich so mit den Menschen umgehe und mich zurückziehe und
nicht der Gnade Gottes öffne, dann fliehe ich nicht vor den Mitmenschen, nein
ich fliehe vor Gott selbst. Meine Abwendung von denen, die aus meiner Sicht
einen falschen oder gar keinen Weg zum Glauben finden, ist nicht allein eine Abwendung
von Menschen, sondern Flucht vor Gott. Dass ich ihm natürlich nicht entfliehen
kann, weiß ich und sagt mir die Jonageschichte noch einmal deutlich. Aber
versuchen tue ich es ja doch immer wieder. Weglaufen vor Gottes Güte, indem ich
den Menschen entfliehe, fliehe ich vor Gott und seiner Gnade, die ja auch mich
meint. Diese Flucht ist wahrscheinlich nicht weniger dramatisch wie die Flucht
vor Hunger und Verfolgung, die heute viele Menschen unfreiwillig auf sich
nehmen müssen. Sie suchen nach einem besseren Leben, das frei ist von
politischer Verfolgung oder Hunger und Not. Sie suchen Freiheit und die
Möglichkeit sich zu entfalten. Die Zahl dieser Menschen ist erschreckend hoch
auf der Welt, aber nichts Einmaliges in der Geschichte der Menschen. Menschenbewegungen
gab es schon immer in der Geschichte. Schwaben sind in den Osten gezogen, weil
es hier kein Auskommen gab. Zurück kamen sie wieder nach dem zweiten Weltkrieg
auf der Flucht vertrieben als Deutsche in einem fremden Land. Sie wurden hier
aufgenommen und integriert – eine der großen Friedensleistungen unserer
deutschen Geschichte. Denn so blieb Deutschland kein politischer Unruheherd,
sondern konnte sich zum Garanten des Friedens und Wohlstands entwickeln. Danke
an die Generation, die das geleistet hat. Jetzt leisten wir wieder so ein Stück
Friedensgeschichte, wenn wir die Flüchtlinge willkommen heißen, ihnen essen,
Trinken und Obdach geben, das Allernötigste zuerst sie freundlich aufnehmen,
ihnen den Weg zum Arzt zeigen und die deutsche Sprache beibringen. Unser Umgang
mit ihnen soll wieder zum Frieden in unserer Gesellschaft beitragen. Daran
erinnern uns die Wächter, die derzeit an vielen Stellen unserer Stadt als
Holzfiguren des Künstlers Robert König ausgestellt sind. Eine Figur wird in
Nürtingen bleiben und uns erinnern an Flucht und Vertreibung. Erinnern an
Flucht will uns auch das Buch Jona. An unsere Flucht vor Mitmenschen, die
letzten Endes Flucht vor Gott ist, vor seiner Gnade. Wenn wir uns heute mit den
Muslimen und der Religion des Islam so schwer tun, ist es dann solche Flucht
vor Gott. Religion soll Menschen verbinden und nicht trennen. Jede Religion und
jeder Gläubige, der das missachtet, entfernt sich von Gott, egal welcher
Religion er angehört. Wir können deutlich sagen, was wir glauben, um dann
neugierig zu fragen. Sie glauben das anders. Das interessiert mich. So kommt
man miteinander ins Gespräch über die großen Themen des Lebens und ist
miteinander verbunden, nicht weil alle dasselbe glauben, aber weil alle mit
Blick über die Wirklichkeit hinaus den Grund des Lebens erfassen wollen. Und
wir werden feststellen wie faszinierend und bereichernd das sein kann. Der Güte
Gottes können wir überlassen, was er daraus macht.
Wenn
wir heute erleben, dass uns die vielen Immobilien zur Last werden, dann frage
ich mich manchmal, was denn Gott uns damit sagen möchte. Wir haben viele
Kirchen und Gemeindehäuser gebaut und unser Gemeindeleben ganz in Gruppen und
Kreisen der Gemeindehäuser eingerichtet. So haben wir auf den Gemeindeaufbau
gesetzt. Erreicht haben wir nicht das, was wir wollten. Viele sagen wir hatten
gar keine Zeit neben dem Gemeindebau aus Steinen auch auf den Gemeindebau mit
Menschen zu achten. Manche haben den Eindruck, dass wir uns als Kirche hinter
den Mauern der Gebäude zu einer Vereinskirche umgebildet haben, die nicht mehr
dem Befehl Jesu gehorcht: Geht hinaus in alle Welt, sondern umgekehrt die
Menschen aufgefordert hat in die Gemeindehäuser zu kommen – kuschelig warm und
hilfreich, aber nicht Salz der Erde und Licht der Welt. Heute wird in der
Milieudiskussion deutlich wie gefährdet eine Vereinskirche ist, die
signalisiert nur Gleiche sammeln zu wollen. Wir werden weniger. Die Bedeutung
der Kirche schwindet. Vielleicht will Gott uns drei Tage lang in diesem Bauch
des Fisches halten, um uns dann auszuspeien mit dem Auftrag: Legt euch wieder
mehr für die Welt ins Zeug und für alle Menschen egal welcher Religion,
Auffassung und welchen Standes sie
sind. Es geht nicht darum sich selbst etwas Gutes zu tun, sondern glaubwürdig von
der Gnade Gottes zu erzählen. Sie ist so groß wie wir es uns alle nicht
vorstellen können.
So
wird die Geschichte von Jona ganz aktuell in der Frage, wo wir heute hinter der
Gnade Gottes zurück fallen und ob wir nicht selbst viel zu oft auf der Flucht
vor Gott sind. Gott ist barmherzig. Selbst seine nachdrücklichsten Drohungen
sind nichts weiter als Ausdruck seiner Barmherzigkeit mit uns. Und das Beste:
Seine Barmherzigkeit und Gnade gilt auch denen, die immer wider vor ihm
fliehen, weil sie das nicht aushalten. Also Ihnen und mir. Gott sei Dank.
Amen.
Dienstag, 1. September 2015
Donnerstag, 27. August 2015
Nürtinger Gedenkinitiative
Die Nürtinger Gedenkinitiative ist eine Gruppe von Menschen, die die Geschichte der Opfer des Nationalsozialismus in Nürtingen aufarbeitet und bekannt macht.
Den sehr informative Internetauftritt der Gedenkinitiative gibt hier:
www.gedenken-nt.de
Den sehr informative Internetauftritt der Gedenkinitiative gibt hier:
www.gedenken-nt.de
Jakob Fuchs: "Wie ein Sperling verflattert aus seinem Nest" - Predigt zu Sprüche 27,8
Liebe Gemeinde,
vorgestern piepste es. Direkt vor mir und von ganz unten.
Ich war gerade aus der Haustür gekommen und um die Ecke gebogen und meine Fußsspitze hätte das kugelrunde Federbüschel, das sich da auf dem Boden befand, aus Unachtsamkeit beinahe in hohem Bogen in die Luft befördert, würde da nicht gerade der Versuch unternommen, mit aller Kraft zu zwitschern, das ganze aber nicht so richtig gelingen. Zwei stecknadelkopfgroße Augen blickten an mir hoch, bebender, bräunlich weißer Flaum das ganze Wesen. Und dann hüpfte das Federbündel, aufgeregt mit dem Flaum wippend, schwankend und eben piepsend in das nahe Gebüsch, von wo aus es mich weiter argwöhnisch, hoffnungsvoll, vielleicht auch ein bisschen neugierig beäugte.
Und ich? Ach ich hatte es eilig. Die Straßenbahn (ich wohne in Stuttgart), also die Straßenbahn wartete nicht und überhaupt hatte ich noch viel zu tun an dem Tag. Gerade jetzt kurz vor dem Urlaub noch schnell alle Dinge mehr oder weniger ordentlich zu Ende bringen, den Schreibtisch aufräumen – um dann endlich unbeschwert und froh (jetzt übermorgen, am Dienstag) in den Urlaub fliegen zu können. Unbeschwert wegfliegen um dann an einem anderen Ort ein paar Tage fern aller Probleme verbringen zu können.
Doch dieser kleine Vogel. Der ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Was war mit ihm geschehen? Gibt es um diese Jahreszeit überhaupt noch so kleine Vögel? Ist er aus dem Nest gefallen? Fliegen konnte der sicher noch nicht. Er war verschreckt, hilflos. Und ich bin vorbeigeeilt in meiner täglichen Hast. Hatte doch Wichtigeres im Kopf! Aber ich weiß auch, wie viele Katzen es hier gibt… Ach was, warum machte ich mir überhaupt Gedanken über so eine… Lappalie?! War es nicht vielmehr ich, der hier einen Vogel hatte? Diese Geschichte hatte ich dann doch fast vergessen, bis ich mich wieder an den Predigttext für den heutigen Sonntag machte. Er ist ganz kurz: "Wie ein Sperling verflattert aus seinem Nest, so ein Mensch von seiner Heimat." (Spr 27,8)
Diese erst einmal ganz unscheinbaren Zeilen aus der letzten der großen Sammlung des biblischen Sprüchebuches haben es in sich: Denn das hebräische Original kann ganz unterschiedlich übersetzt werden – und die Art wie es im Sprüchebuch vorkommt kann tatsächlich etwas über den aktuellen Umgang mit den Zu-uns-Flüchtenden, den Geflüchteten unter uns, aussagen.
Doch der Reihe nach: was hat dieser Spruch nun mit der Begegnung vor meiner Haustür zu tun? Nun, zunächst kommt der Vogel im Predigttext dem aus der morgendlichen Begegnung ganz nahe. Im Hebräischen steht da "zippor", gemeint ist wohl ein kleiner, schutzloser Vogel, der eben "zip, zip" macht und der, auch wenn er ausgewachsen ist, immer bedroht bleibt. Wir haben gerade von Lärche, Taube, Nachtigall, Glucke und Storch gesungen (EG 503). Alles positiv besetzte Vögel. In der Bibel kommt häufig der Adler vor, als Bild des machtvollen, schnellen und für seine Jungen fürsoglichen Vogels.
Der "zippor" dagegen, das ist der kleine aus dem Nest gefallene Sperling. Jederzeit kann es passieren: das aufgeschreckte Wegflattern – und das Weggehen aus der Heimat. Im Alten Testament werden ganze Völker, deren Heimat zerstört wird, immer wieder mit solchen kleinen Vögeln in Verbindung gebracht. Am Ende wird sogar dem damaligen großen und mächtigen Reich von Assur die Macht und der Reichtum wie ein Nest genommen, sodass am Ende, so heißt es im Buch Jesaja, "keiner mehr da ist, der mit den Flügeln schlug, und keiner, der den Schnabel aufriss und piepste." (Jes 10,14).
"Wie ein Sperling verflattert aus seinem Nest, so ein Mensch von seiner Heimat."
Dass Menschen ihre Orte verlassen, verlassen müssen, das ist im Alten Testament etwas ganz Alltägliches: "Rühme dich nicht des morgigen Tages, denn du weißt nicht, was ein Tag gebiert." (Spr 27,1) steht dann auch programmatisch am Anfang der Sprüchesammlung, in der unser Vers vorkommt. Aber können wir das nicht gerade auch in unserer Zeit erleben: ob nun jeden Abend in den Nachrichten, angesichts des schnell hergerichteten Containerdorfs für Flüchtlinge in der Kanalstraße, oder indem wir an unsere eigenen oder an unsere Familiengeschichten denken. Die ganze Braike wurde einmal vor allem für aus der Heimat Vertriebene gebaut. Und während wir hier Gottesdienst feiern warten Menschen am Ufer des Mittelmeeres auf die (scheinbar?) rettende Überfahrt.
2.
Vor kurzem traf ich Daria, eine Frau aus dem Jemen, die wie ich an der Universtität arbeitet. Sie ist vor ein paar Jahren nach Deutschland gekommen. Eigentlich weil sie Ärztin werden wollte und dann so schnell wie möglich zurück. Jetzt ist sie immer noch da und kann nicht mehr zu ihrer Familie. Denn sie ist Christin, wie ihre Verwandten im Jemen auch, die im Bürgerkrieg, der dort aktuell tobt nur noch unter Lebensgefahr das Haus verlassen können. Ohnmächtig kann sie nur noch von ferne das Leid ihrer Freunde und Geschwister miterleben. Sie fragt sich, mit welchem Recht sie hier gelandet ist – und sonst keiner der von ihr geliebten Menschen. Sie sagt sie könnte hier Karriere machen, doch sie ist wie gelähmt. Sie fühlt sich schuldig, sie weiß nicht wie.
"Wie ein Sperling verflattert aus seinem Nest, so ein Mensch von seiner Heimat."
Man kann auch sinngemäß übersetzen: "Wie ein Sperling mutwillig aus seinem Nest wegfliegt, so auch der Mensch, der seinen ihm anvertrauten Ort verlässt." Der Vers stellt damit angesichts von Flucht und Vertreibung eine Schuldfrage, die in vielen Fällen ganz absurd erscheint und die doch immer mit dabei ist: Konnte ich wirklich nichts anderes tun als zu fliehen? Menschen zurücklassen, die eigentlich auf meine Fürsorge angewiesen sind, fragt sich Daria.
Wer flieht „zu Recht“ und wer „zu Unrecht“?
Diese Frage stellen sich nicht nur die Flüchtenden selbst. Sie geht seit vielen Wochen durch alle unsere Medien, sie ist die Grundlage, auf in diesem Jahr über 200.000 Asylanträge entschieden werden. Es bleibt ein mulmiges Gefühl zurück am Ende. Für alle Beteiligten: Habe ich dem Schutzbedürftigen am Ende doch keinen Schutz gewährt? Bin ich geflohen, auch wenn ich es hätte vermeiden können, ja vermeiden sollen? Wen habe ich, wissentlich oder unwissentlich, verjagt und hinausgetrieben aus seinem Heimatort?
3.
Da ist Georg, der, wie er selbst sagt, „irgendwann aus diesem ganzen dummen Land abgehauen“ ist. Mal arbeitete er in Tokio an einem Businessprojekt, mal trampte er durch die USA. Nur eines wollte er nie mehr: zurück in die Eifel, wo seine Mutter wohnt, die „wohl nicht mehr ganz richtig im Kopf“ ist, wo seine Schwester wie alle anderen auch „irgendwen von nebenan“ geheiratet hat, und wo er obendrein auch noch seine Schulden zurückzahlen müsste, würde er sich dort einmal wieder sehen lassen. Das hat er jetzt seit fünfzehn Jahren nicht getan. „Was soll’s: Du kannst Dich jeden Tag neu erfinden!“ „You Only Live Once“ - „Man lebt nur einmal“. Ja, es geht seiner Mutter schlecht, aber „ich gehöre zur ganzen Welt, Mann, nicht zu irgendwem“. Später erfahre ich noch eine andere Seite der Geschichte: Seine Familie hat sich mit ihm überworfen, als er noch in der Schule war. Er wollte unbedingt raus aus dem Dorf, sie versuchten ihn mit allen Mitteln zu halten. Bis er dann ganz weg war.
Wer ist im Recht und wer im Unrecht? Ist das eigentlich die erste Frage, die sich angesichts von fliehenden Menschen stellt? Ersteinmal ist da nur nackte Panik. Der Vogel der plötzlich aufflattert, weil sich jemand an seinem Nest zu schaffen macht wägt nicht zunächst sachlich das Für und Wider ab. Er will in diesem Moment auch nicht an einen bestimmten Ort, sondern, wie Georg es formulierte, „einfach nur raus“.
4.
Die Gewissensbisse, die kommen erst danach. Der Migrationssoziologe Paul Collier spricht davon, dass eigentlich jede Flucht, niemals nur den, der flieht, sondern eigentlich drei Gruppen von Menchen mit einschließt: diejenigen, die zurückbleiben, diejenigen, die fliehen, diejenigen, bei denen Schutz gesucht wird. Sie alle werden sich am Ende einer Flucht fragen, ob sie eigentlich das “Richtige” getan haben.
Natürlich kann ich die Augen verschließen - vor den Gründen, weshalb so viele weggehen. Ich kann die Augen verschließen - vor dem neuen Land, in das ich komme. Ich kann die Augen verschließen - vor denjenigen, die hier ankommen und um Aufnahme bitten. Aus Angst hinzusehen richte ich dann Gitter auf zwischen Menschen. Ich erlebe den anderen als Teil einer Menschengruppe. Ich trenne zwischen denen, die zu mir gehören, und denjenigen, mit welchen nach anderen Regeln zu verfahren ist. Doch das mulmige Gefühl wird auch dann bleiben: was ist das, das „Richtige“ tun?
5.
"Wie ein Sperling verflattert aus seinem Nest, so ein Mensch von seiner Heimat."
Ich lese gerne im Buch der Sprüche in der Bibel, weil es, auch wenn es aus dem achten Jahrhundert vor Christus stammt, sehr konkret wird: Die Tatsache dass Menschen immer wieder fliehen, fliehen müssen wird hier nicht abgestritten; ebensowenig die schier unauflösbare Schuldfrage, die sich dadurch stellt. Denn: grundlos verlässt kein Vogel sein Nest. Aber der Text bleibt hier nicht stehen. Die Spruchsammlung umrahmt unseren Vers mit Anweisungen zu wahrhaftiger, gegenseitiger Zuwendung, zu guter Nachbarschaft, zur Freundschaft. Die steht vor allem gegen die immer gegebene Gefahr des Heimatloswerdens!
Zwar ist das Sprüchebuch auch so realistisch, eine solide wirtschaftliche Grundlage und vor allem ein gerechtes Staatswesen nicht zu verachten. Selbst vor verkehrten Menschen wird gewarnt: Denjenigen, die Menschen gegeinander aufhetzen und dabei jedes gute Miteiander untergraben. Auch die finden wir in unseren Tagen. Entscheidend ist aber dann doch etwas anderes und viel einfacheres: Dass Menschen sich einander zuwenden, durch Freundschaft, den Ort, an dem sie sind, erst zur Heimat machen.
Denn wirklich zur Bedrohung wird die Heimatlosigkeit erst dann, wenn kein Freund da ist, der hilft die Heimat zu bewahren – oder der an einem neuen Ort hilft, eine neue zu begründen.
Und für das Sprüchebuch steht ohne Zweifel, dass Gott an einer jeden solchen Freundschaft teilhat. Seine Zuwendung ermöglicht es, dass Menschen füreinander handeln, miteinander das Reich Gottes suchen können, befreit von der Angst, heimatlos zu werden.
Wir sind Bürger des Reiches Gottes und haben unsere Heimat immer schon bei ihm. Das befreit: Vom ängstlichen Kreisen um das eigene Nest, vom argwöhnischen Beobachten der Flüge der anderen.
Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Sind wir denn nicht viel mehr als sie?
(vgl. Lesung Mt 6,25-34)
Amen.
vorgestern piepste es. Direkt vor mir und von ganz unten.
Ich war gerade aus der Haustür gekommen und um die Ecke gebogen und meine Fußsspitze hätte das kugelrunde Federbüschel, das sich da auf dem Boden befand, aus Unachtsamkeit beinahe in hohem Bogen in die Luft befördert, würde da nicht gerade der Versuch unternommen, mit aller Kraft zu zwitschern, das ganze aber nicht so richtig gelingen. Zwei stecknadelkopfgroße Augen blickten an mir hoch, bebender, bräunlich weißer Flaum das ganze Wesen. Und dann hüpfte das Federbündel, aufgeregt mit dem Flaum wippend, schwankend und eben piepsend in das nahe Gebüsch, von wo aus es mich weiter argwöhnisch, hoffnungsvoll, vielleicht auch ein bisschen neugierig beäugte.
Und ich? Ach ich hatte es eilig. Die Straßenbahn (ich wohne in Stuttgart), also die Straßenbahn wartete nicht und überhaupt hatte ich noch viel zu tun an dem Tag. Gerade jetzt kurz vor dem Urlaub noch schnell alle Dinge mehr oder weniger ordentlich zu Ende bringen, den Schreibtisch aufräumen – um dann endlich unbeschwert und froh (jetzt übermorgen, am Dienstag) in den Urlaub fliegen zu können. Unbeschwert wegfliegen um dann an einem anderen Ort ein paar Tage fern aller Probleme verbringen zu können.
Doch dieser kleine Vogel. Der ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Was war mit ihm geschehen? Gibt es um diese Jahreszeit überhaupt noch so kleine Vögel? Ist er aus dem Nest gefallen? Fliegen konnte der sicher noch nicht. Er war verschreckt, hilflos. Und ich bin vorbeigeeilt in meiner täglichen Hast. Hatte doch Wichtigeres im Kopf! Aber ich weiß auch, wie viele Katzen es hier gibt… Ach was, warum machte ich mir überhaupt Gedanken über so eine… Lappalie?! War es nicht vielmehr ich, der hier einen Vogel hatte? Diese Geschichte hatte ich dann doch fast vergessen, bis ich mich wieder an den Predigttext für den heutigen Sonntag machte. Er ist ganz kurz: "Wie ein Sperling verflattert aus seinem Nest, so ein Mensch von seiner Heimat." (Spr 27,8)
Diese erst einmal ganz unscheinbaren Zeilen aus der letzten der großen Sammlung des biblischen Sprüchebuches haben es in sich: Denn das hebräische Original kann ganz unterschiedlich übersetzt werden – und die Art wie es im Sprüchebuch vorkommt kann tatsächlich etwas über den aktuellen Umgang mit den Zu-uns-Flüchtenden, den Geflüchteten unter uns, aussagen.
Doch der Reihe nach: was hat dieser Spruch nun mit der Begegnung vor meiner Haustür zu tun? Nun, zunächst kommt der Vogel im Predigttext dem aus der morgendlichen Begegnung ganz nahe. Im Hebräischen steht da "zippor", gemeint ist wohl ein kleiner, schutzloser Vogel, der eben "zip, zip" macht und der, auch wenn er ausgewachsen ist, immer bedroht bleibt. Wir haben gerade von Lärche, Taube, Nachtigall, Glucke und Storch gesungen (EG 503). Alles positiv besetzte Vögel. In der Bibel kommt häufig der Adler vor, als Bild des machtvollen, schnellen und für seine Jungen fürsoglichen Vogels.
Der "zippor" dagegen, das ist der kleine aus dem Nest gefallene Sperling. Jederzeit kann es passieren: das aufgeschreckte Wegflattern – und das Weggehen aus der Heimat. Im Alten Testament werden ganze Völker, deren Heimat zerstört wird, immer wieder mit solchen kleinen Vögeln in Verbindung gebracht. Am Ende wird sogar dem damaligen großen und mächtigen Reich von Assur die Macht und der Reichtum wie ein Nest genommen, sodass am Ende, so heißt es im Buch Jesaja, "keiner mehr da ist, der mit den Flügeln schlug, und keiner, der den Schnabel aufriss und piepste." (Jes 10,14).
"Wie ein Sperling verflattert aus seinem Nest, so ein Mensch von seiner Heimat."
Dass Menschen ihre Orte verlassen, verlassen müssen, das ist im Alten Testament etwas ganz Alltägliches: "Rühme dich nicht des morgigen Tages, denn du weißt nicht, was ein Tag gebiert." (Spr 27,1) steht dann auch programmatisch am Anfang der Sprüchesammlung, in der unser Vers vorkommt. Aber können wir das nicht gerade auch in unserer Zeit erleben: ob nun jeden Abend in den Nachrichten, angesichts des schnell hergerichteten Containerdorfs für Flüchtlinge in der Kanalstraße, oder indem wir an unsere eigenen oder an unsere Familiengeschichten denken. Die ganze Braike wurde einmal vor allem für aus der Heimat Vertriebene gebaut. Und während wir hier Gottesdienst feiern warten Menschen am Ufer des Mittelmeeres auf die (scheinbar?) rettende Überfahrt.
2.
Vor kurzem traf ich Daria, eine Frau aus dem Jemen, die wie ich an der Universtität arbeitet. Sie ist vor ein paar Jahren nach Deutschland gekommen. Eigentlich weil sie Ärztin werden wollte und dann so schnell wie möglich zurück. Jetzt ist sie immer noch da und kann nicht mehr zu ihrer Familie. Denn sie ist Christin, wie ihre Verwandten im Jemen auch, die im Bürgerkrieg, der dort aktuell tobt nur noch unter Lebensgefahr das Haus verlassen können. Ohnmächtig kann sie nur noch von ferne das Leid ihrer Freunde und Geschwister miterleben. Sie fragt sich, mit welchem Recht sie hier gelandet ist – und sonst keiner der von ihr geliebten Menschen. Sie sagt sie könnte hier Karriere machen, doch sie ist wie gelähmt. Sie fühlt sich schuldig, sie weiß nicht wie.
"Wie ein Sperling verflattert aus seinem Nest, so ein Mensch von seiner Heimat."
Man kann auch sinngemäß übersetzen: "Wie ein Sperling mutwillig aus seinem Nest wegfliegt, so auch der Mensch, der seinen ihm anvertrauten Ort verlässt." Der Vers stellt damit angesichts von Flucht und Vertreibung eine Schuldfrage, die in vielen Fällen ganz absurd erscheint und die doch immer mit dabei ist: Konnte ich wirklich nichts anderes tun als zu fliehen? Menschen zurücklassen, die eigentlich auf meine Fürsorge angewiesen sind, fragt sich Daria.
Wer flieht „zu Recht“ und wer „zu Unrecht“?
Diese Frage stellen sich nicht nur die Flüchtenden selbst. Sie geht seit vielen Wochen durch alle unsere Medien, sie ist die Grundlage, auf in diesem Jahr über 200.000 Asylanträge entschieden werden. Es bleibt ein mulmiges Gefühl zurück am Ende. Für alle Beteiligten: Habe ich dem Schutzbedürftigen am Ende doch keinen Schutz gewährt? Bin ich geflohen, auch wenn ich es hätte vermeiden können, ja vermeiden sollen? Wen habe ich, wissentlich oder unwissentlich, verjagt und hinausgetrieben aus seinem Heimatort?
3.
Da ist Georg, der, wie er selbst sagt, „irgendwann aus diesem ganzen dummen Land abgehauen“ ist. Mal arbeitete er in Tokio an einem Businessprojekt, mal trampte er durch die USA. Nur eines wollte er nie mehr: zurück in die Eifel, wo seine Mutter wohnt, die „wohl nicht mehr ganz richtig im Kopf“ ist, wo seine Schwester wie alle anderen auch „irgendwen von nebenan“ geheiratet hat, und wo er obendrein auch noch seine Schulden zurückzahlen müsste, würde er sich dort einmal wieder sehen lassen. Das hat er jetzt seit fünfzehn Jahren nicht getan. „Was soll’s: Du kannst Dich jeden Tag neu erfinden!“ „You Only Live Once“ - „Man lebt nur einmal“. Ja, es geht seiner Mutter schlecht, aber „ich gehöre zur ganzen Welt, Mann, nicht zu irgendwem“. Später erfahre ich noch eine andere Seite der Geschichte: Seine Familie hat sich mit ihm überworfen, als er noch in der Schule war. Er wollte unbedingt raus aus dem Dorf, sie versuchten ihn mit allen Mitteln zu halten. Bis er dann ganz weg war.
Wer ist im Recht und wer im Unrecht? Ist das eigentlich die erste Frage, die sich angesichts von fliehenden Menschen stellt? Ersteinmal ist da nur nackte Panik. Der Vogel der plötzlich aufflattert, weil sich jemand an seinem Nest zu schaffen macht wägt nicht zunächst sachlich das Für und Wider ab. Er will in diesem Moment auch nicht an einen bestimmten Ort, sondern, wie Georg es formulierte, „einfach nur raus“.
4.
Die Gewissensbisse, die kommen erst danach. Der Migrationssoziologe Paul Collier spricht davon, dass eigentlich jede Flucht, niemals nur den, der flieht, sondern eigentlich drei Gruppen von Menchen mit einschließt: diejenigen, die zurückbleiben, diejenigen, die fliehen, diejenigen, bei denen Schutz gesucht wird. Sie alle werden sich am Ende einer Flucht fragen, ob sie eigentlich das “Richtige” getan haben.
Natürlich kann ich die Augen verschließen - vor den Gründen, weshalb so viele weggehen. Ich kann die Augen verschließen - vor dem neuen Land, in das ich komme. Ich kann die Augen verschließen - vor denjenigen, die hier ankommen und um Aufnahme bitten. Aus Angst hinzusehen richte ich dann Gitter auf zwischen Menschen. Ich erlebe den anderen als Teil einer Menschengruppe. Ich trenne zwischen denen, die zu mir gehören, und denjenigen, mit welchen nach anderen Regeln zu verfahren ist. Doch das mulmige Gefühl wird auch dann bleiben: was ist das, das „Richtige“ tun?
5.
"Wie ein Sperling verflattert aus seinem Nest, so ein Mensch von seiner Heimat."
Ich lese gerne im Buch der Sprüche in der Bibel, weil es, auch wenn es aus dem achten Jahrhundert vor Christus stammt, sehr konkret wird: Die Tatsache dass Menschen immer wieder fliehen, fliehen müssen wird hier nicht abgestritten; ebensowenig die schier unauflösbare Schuldfrage, die sich dadurch stellt. Denn: grundlos verlässt kein Vogel sein Nest. Aber der Text bleibt hier nicht stehen. Die Spruchsammlung umrahmt unseren Vers mit Anweisungen zu wahrhaftiger, gegenseitiger Zuwendung, zu guter Nachbarschaft, zur Freundschaft. Die steht vor allem gegen die immer gegebene Gefahr des Heimatloswerdens!
Zwar ist das Sprüchebuch auch so realistisch, eine solide wirtschaftliche Grundlage und vor allem ein gerechtes Staatswesen nicht zu verachten. Selbst vor verkehrten Menschen wird gewarnt: Denjenigen, die Menschen gegeinander aufhetzen und dabei jedes gute Miteiander untergraben. Auch die finden wir in unseren Tagen. Entscheidend ist aber dann doch etwas anderes und viel einfacheres: Dass Menschen sich einander zuwenden, durch Freundschaft, den Ort, an dem sie sind, erst zur Heimat machen.
Denn wirklich zur Bedrohung wird die Heimatlosigkeit erst dann, wenn kein Freund da ist, der hilft die Heimat zu bewahren – oder der an einem neuen Ort hilft, eine neue zu begründen.
Und für das Sprüchebuch steht ohne Zweifel, dass Gott an einer jeden solchen Freundschaft teilhat. Seine Zuwendung ermöglicht es, dass Menschen füreinander handeln, miteinander das Reich Gottes suchen können, befreit von der Angst, heimatlos zu werden.
Wir sind Bürger des Reiches Gottes und haben unsere Heimat immer schon bei ihm. Das befreit: Vom ängstlichen Kreisen um das eigene Nest, vom argwöhnischen Beobachten der Flüge der anderen.
Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Sind wir denn nicht viel mehr als sie?
(vgl. Lesung Mt 6,25-34)
Amen.
Dienstag, 25. August 2015
Das Wunder von Riace
Ein kleines italienisches Dorf, in dem viele Häuser leer standen, nimmt gezielt Flüchtlinge auf - hier gibt es einen kleinen Film dazu:
https://www.facebook.com/video.php?v=1625710857700036&pnref=story
https://www.facebook.com/video.php?v=1625710857700036&pnref=story
Montag, 24. August 2015
Was ist das Gegenteil von Flucht?
... fragt die Comiczeichnerin Nathalie Bromberger auf ihrem Blog - und erzählt die Geschichte ihrer Familie hier:
http://www.nathalie-bromberger.de/was-ist-das-gegenteil-von-flucht/
http://www.nathalie-bromberger.de/was-ist-das-gegenteil-von-flucht/
Montag, 17. August 2015
Bärbel Brückner-Walter: "Wir haben hier keine bleibende Stadt" - Predigt zu Hebräer 13,14
Liebe
Gemeinde,
Odyssey
- Abschied und Verlust, Not und Leid durch Vertreibung. Fremdsein hier im
Deutschland der Naziherrschaft, Internierung und Zwangsarbeit, Angst und
Schrecken in den Jahren nach dem Krieg –
Irrwege auf der Suche nach Leben. Mit seinen Figuren zeichnet der Künstler
Robert Koenig einen Weg, er
beginnt in der polnischen Heimat seiner Familie und führt schließlich
auch nach Deutschland. Immer mehr Figuren kommen dazu: von Polen bis hierher
nach Nürtingen sind es schließlich 44 Wächterinnen und Wächter der Erinnerung.
„Wir haben hier keine bleibende Stadt,
sondern die zukünftige suchen wir“
- heißt es im Hebräer-Brief.
Da
stehen sie – wie Fremde. Manche
starren mich so seltsam an; fordern mich heraus – und ich versuche
vorsichtig, mich ihnen zu nähern. Wenn ich sie so anschaue, komme ich ins Nachdenken, über
meinen eigenen Lebensweg, über den anderer Menschen. Und kann hinter jeder der 44 Odyssey- Figuren Schicksale erahnen: Schicksale von
Flucht und Vertreibung, von Heimatlosigkeit und der Suche nach einem Ort, wo es
sich leben lässt. Schicksale aus der Zeit des Nationalsozialismus
und der Jahre danach, bis in unsere Gegenwart hinein – Schicksale von Flucht,
von Migration, von Umherirren. Manche von uns haben das ja am eigenen Leib erfahren, damals nach dem Krieg, oder auch später,
als sog. Gastarbeiter/innen. Oder als Spätaussiedler, und heute als
Flüchtlinge „Wir haben hier keine
bleibende Stadt…“ es ist die bittere Erfahrung von Menschen, die alles hinter
sich gelassen haben – damals wie heute. Es ist die Geschichte meiner Eltern. - Und
manche Begegnungen in meiner Gemeinde haben sich tief in mein
Gedächtnis eingeprägt: Mit Menschen aus Russland, aus der Ukraine, aus
Kasachstan; sie haben mir erzählt, wie sie nach Deutschland gekommen sind und unter großen Mühen eine neue Existenz
aufgebaut haben. Welch lange Wege haben sie zurückgelegt, mit wie viel Umwegen,
bis sie endlich angekommen sind.
Und
dann die bewegende Schilderung jenes afghanischen Flüchtlings in einem
Gottesdienst in der Lutherkirche - ganz offen hat er von seiner Flucht
gesprochen–und so, dass es allen unter die Haut ging.
„Wir
haben hier keine bleibende Stadt…“ das könnten sie auch sagen, die
„Wächterinnen und Wächter der Erinnerung“ – der Erinnerung an die, die nicht
mehr da sind. Und an die, die heute fliehen:
Weil
Terror, Krieg und Not das Leben so vieler Menschen zur Hölle machen! Wo
Menschen ihre Meinung nicht mehr frei äußern dürfen, ihre Religion nicht mehr offen leben können, nicht wissen,
wie sie über die Runden kommen sollen und um ihr Leben bangen. Flucht als letzter
Ausweg - das trifft heute weltweit so viele Menschen wie noch nie.
„Wir haben hier keine bleibende Stadt,
sondern die zukünftige suchen wir.“ Flucht und Vertreibung hautnah – den Odyssey-Figuren kann ich
mich schwer entziehen. Hinter den ernsten Gesichtern spüre ich bohrende Fragen:
Wie begegnest du den Fremden in deiner Stadt? Was hast du zu sagen, wenn
Flüchtlingsunterkünfte in deinem Land in Flammen aufgehen?
Die
bedrängenden Fragen unserer Zeit lassen mir keine Ruhe. Die Krisen dieser Welt haben mich,
haben uns alle hier längst eingeholt:
Odyssen - und die Suche nach dem, was wirklich trägt, in einer Zeit der
Verunsicherung.
„Wir
haben hier keine bleibende Stadt,
sondern die zukünftige suchen wir“ – das heißt für mich auch:
Ich
will mich nicht zufrieden geben mit dem, was ich von Wirtschaftsexperten
erfahre – zum Beispiel durch solche Meldungen wie diese über die riesigen
Kapitalflüsse rund um den Erdball: ganze 2 Euro 50 von Hundert dienen der
realen Wirtschaft, mit 97, 5% des Weltumsatzes aber werden reine Spekulationsgeschäfte
abgewickelt!
„Wir
haben hier keine bleibende Stadt…“ nicht hier, auf dieser Welt, so, wie sie ist. Wir alle nicht!
„…die zukünftige suchen wir“ , jene ernsten, fragenden Gesichter lassen mich
aufbrechen, ich will mich auf den Weg machen und ihre kritischen Fragen nicht überhören.
Auch wenn sie schmerzhaft sind, weil sie mich so schonungslos genau da treffen,
wo ich mich ganz gut eingerichtet habe.
Wo ich mich bequem zurücklehne und die Welt draußen leicht aus dem Blick verliere.
„Wir haben hier keine bleibende Stadt,
sondern die zukünftige suchen wir.“
Es
ist die Suche nach dem, was Nachfolge wirklich heißt: „So lasst uns nun zu ihm -
zu Jesus - hinausgehen aus dem Lager,“ heißt es unmittelbar davor im Hebr-Brief.
Und meint einen radikalen Ortswechsel! Er weist nach „draußen vor dem Tor“, dorthin, wo Jesus gelitten
hat. Hinausgehen aus dem Lager, das ist: Vertrautes, Gewohntes, Liebgewonnenes hinter
mir lassen. Alte Denkmuster, Vorurteile aufgeben, aufbrechen und den Weg ins Neuland wagen…Bewegt von
dem Wanderprediger, der nichts hat, wo er sein Haupt hinlegen kann.
Damals
ist sie auch hinausgegangen, Heiligabend 1943, die Mutter des Künstlers Robert Koenig, aus dem Lager der Zwangsarbeiterinnen
bei Speyer ist sie ausgebrochen. Und hat zusammen mit anderen Häftlingen den gefährlichen
Weg zum Dom von Speyer gewagt. Die Christmette haben sie besucht. Gerade als
„Stille Nacht“ gesungen wird, öffnen sie die Türen des Doms. Sie werden
angestarrt, der Mesner will sie rausschmeißen . Aber die mutigen Frauen
bleiben, und der Mesner macht kehrt, weil er kein Aufsehen erregen will. Zwei
Welten prallen aufeinander: Hier die weihnachtliche Idylle, dort die
Zwangsarbeiterinnen – „Wir haben hier keine bleibende Stadt…“ .
„Hinausgehen aus dem Lager und seine
Schmach mittragen": Christus ist da, wo Menschen verfolgt und ausgegrenzt
werden, wo Menschen leiden und sterben. Draußen vor dem Tor, außerhalb aller
politischen, gesellschaftlichen und religiösen Lager.
Draußen
vor dem Tor, da stehen sie, die mahnenden Figuren, die Wächterinnen der
Erinnerung, und weisen mir den Weg
vor das Tor unserer Welt, vor das Tor unserer gut etablierten Gesellschaft, vor
das Tor des Wohlstands und des Konsums, vor das Tor der Festung Europa, vor das
Tor manch heiler Familienidylle, vor das Tor starrer religiöser Überzeugungen,
vor das Tor so mancher Zugehörigkeit, zu Menschen, die nicht dazugehören.
Und
plötzlich spüre ich deutlich, wie diese meine Odyssee, mein Suchen mit den Odysseen jener
anderen „draußen vor dem Tor“ zu tun hat.
„Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen
wir“ – Die Odyssey-Figuren zeichnen einen Weg….und dieser Weg setzt in Bewegung, führt hinaus vor so
viele Tore…
…auf
der Suche nach der zukunftsfähigen Stadt für alle Menschen. Bisher habe ich vielleicht
nur einen Ausschnitt von Leben kennengelernt, geschützt und wohlbehütet; vor
jenen vielen Toren aber begegnet mir die ganze Wirklichkeit, es begegnet uns
Christus selbst. „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige
suchen wir.“
Im
Buch der Offenbarung ist das neue
Jerusalem das Bild für die zukünftige Stadt. Ein Ort, wo die Menschen in
Frieden und Gerechtigkeit beieinander leben. „Siehe da, die Hütte Gottes bei
den Menschen!" „Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk
sein, und er wird ihr Gott sein." Wo Gott bei uns wohnt – wie auch immer
wir uns Gott vorstellen - da hat unsere Odyssee ein Ende, und wir sind endlich angekommen.
Amen.
Sylvia Unzeitig: "Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen" - Zuflucht in der Fremde. Predigt zu Matthäus 2,13-15 und Hosea 11,1
„Ein umherirrender Aramäer war mein Vater“, so wird ein Israelit im 5.
Buch Mose (Dtn. 26,5) aufgefordert zu bekennen. Ihm soll bewusst sein, dass
sein Leben von Gott geführt ist, dass es über Berge und Täler zu einem guten
Ziel gelangt.
„Der Ewige hörte auf unser Rufen“, so heißt es dort, „und sah unser
Elend, und führte uns aus Ägypten weg mit starker Hand und ausgestrecktem
Arme, mit großen Schrecken, unter Zeichen und Wundertaten. Er brachte uns an
diesen Ort und gab uns dieses Land, ein Land, das von Milch und Honig
fließt.“
Das Los der Flucht, die Erfahrung der Heimatlosigkeit durchzieht die
Geschichten der Bibel. Da ist es wohl kein Wunder, dass selbst der Gottessohn
dieses Schicksal mit uns teilt. Ich lese aus dem Matthäusevangelium, Kapitel
2:
„Als sie (die Weisen) aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der
Engel des Herrn dem Josef im Traum und sprach: Steh auf, nimm das Kindlein und
seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir's sage;
denn Herodes hat vor, das Kindlein zu suchen, um es umzubringen. Da stand
er auf und nahm das Kindlein und seine Mutter mit sich bei Nacht und entwich
nach Ägypten und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes, damit erfüllt
würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Hosea
11,1): »Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.«
Für viele Bibelkritiker ist diese Stelle ein gefundenes Fressen! Wie
wir in der Schriftlesung gehört haben, wendet sich Gott im Hoseabuch an sein
Volk Israel, das er vor langer Zeit aus Ägypten befreit hatte. Matthäus sieht
darin aber eine Verheißung auf Jesus hin. So wie er viele Textstellen aus dem
Alten Testament auf Jesus hin deutet. Es mag für manchen schief klingen, aber
für Matthäus, der Jesus als den lang verheißenen Messias sieht, passt alles.
Das haben viele Zweifler nicht begriffen: dass die Bibel kein
Tatsachenbericht sein will, sondern sie vielmehr Geschehnisse interpretiert.
So wissen wir z. B. auch, dass der Kindermord in Betlehem wahrscheinlich eine
Legende ist, weil er in anderen Quellen, die es über Herodes gibt, nirgends
belegt ist. Aber was gesichert ist, ist die Tatsache, dass Herodes ein grausamer
und machtbesessener Herrscher war, der über Leichen ging, auch über die seiner
Söhne, um seine Macht zu erhalten. Möglicherweise ist die Geschichte vom Kindermord
ein Nachhall auf die Schandtaten des Herodes.
Auch die Flucht nach Ägypten soll – laut Wissenschaft – nur eine Legende
sein, weil es ja vermutlich auch keinen Kindermord gegeben hat. Und trotzdem
gibt es in Ägypten zahlreiche Kirchen und Orte, die sich auf Ereignisse
beziehen, die auf der Flucht der Heiligen Familie in Ägypten geschehen sein
sollen. Nach Auffassung der Kopten, so nennen sich die ägyptischen Christen,
bereiste die heilige Familie das Land drei Jahre und elf Monate lang. Auf dem
Weg finden sich viele Stationen, Gedenkkirchen und Grotten, wo das Jesuskind
Halt gemacht haben soll - wie etwa eine Gedenkkirche in Mittelägypten, nicht
erbaut, sondern aus einem riesigen Felsblock heraus geschlagen. In einer
Grotte hat nach alten Berichten die Heilige Familie Quartier genommen. Heute
ist der Ort eine winzige Kapelle, geweiht der Mutter Jesu.
Als kritischer, aufgeklärter Mensch schüttelt man da den Kopf und fragt
sich, wie man das nur glauben kann, wo doch der Reiseweg im Evangelium nicht
einmal aufgeführt ist.
Doch es gibt eine Reihe von apokryphen Kindheitsevangelien, in denen
diese Lücke bei Matthäus ausgefüllt wird. So heißt es z. B. bei
„Pseudo-Matthäus“:
In der Begleitung Josefs waren drei Knaben und bei Maria ein Mädchen,
die die Reise mitmachten. Und siehe, plötzlich kamen aus der Höhle viele
Drachen, vor deren Anblick die Kinder vor bangem Entsetzen laut aufschrien.
Da stieg Jesus vom Schoß seiner Mutter herab und stellte sich vor den
Drachen auf seine Füße. Sie aber fielen huldigend vor ihm nieder, und nach
dieser Huldigung entfernten sie sich.
Man versteht nun, warum solche Texte nicht den Weg in den Kanon der
biblischen Schriften gefunden haben! Sie sind mit märchenhaften Zügen und
blumenreichen Details ausgeschmückt, so dass auch ein halbwegs gebildeter
Mensch versteht, dass hier nur im gewöhnlichen Gefühlsbereich gefischt wird.
Wie ist das aber nun mit den Texten der Kindheitsgeschichte im richtigen
Matthäus-Evangelium? Wie sind sie zu verstehen?
Die wunderbare Rettung des Jesuskindes weckt etliche Anklänge im Alten
Testament: da gibt es ein ähnliches Szenario bei der Geburt des Mose. Auch in
seiner Zeit wurden Kinder ihren Müttern weggenommen und von den ägyptischen
Soldaten getötet. Doch Mose entkam wie durch ein Wunder.
Gottes Botschaft wird dem Josef im Traum vermittelt, so wie auch der alttestamentliche
Josef Gott im Traum vernahm. Und es gibt Anklänge in der antiken Literatur, die
jetzt aber zu weit führen würden.
Analogien helfen uns, das Leben zu entschlüsseln. Indem Begebenheiten
auf ähnliche Weise schon einmal da gewesen sind, können wir Situationen
unseres Lebens besser verstehen und deuten. Das kann zwar wissenschaftlich
nicht nachgewiesen werden, aber das Herz versteht es trotzdem auf eine ganz
tief empfundene Weise.
Diese Wahrheit des Lebens spürt man vor allem, wenn das Leben bedroht
ist. Wie viele Geschichten gibt es vom Krieg und von der Flucht, wo die
Erzähler sich auf wundersame Weise gerettet fühlen. Es war vielleicht nur
eine Tabakdose in der Brusttasche, die den Schuss auf’s Herz abgewehrt hat. Zufall?
Oder der Soldat, der die aus Ostpreußen flüchtenden Frauen ermahnt, noch in
der gleichen Nacht die rettende Brücke über die Oder zu überqueren – da sie in
der nächsten Stunde gesprengt wird. So geheimnisvoll wie der Soldat
auftauchte, verschwand er auch wieder.
Wenn wir uns nicht in solch bedrohlicher Lage befinden, tun wir solche
Geschichten als Zufall ab - der
Verstand wehrt sich gegen Wunder. Denn der „gute Kamerad“ zu meiner Seite fiel
ja trotzdem.
Die Kinder auf der norwegischen Insel Utöya, die vor vier Jahren dem
Attentäter Anders Breivik zum Opfer fielen, hatten wohl auch keinen
Schutzengel? Und doch gab es auch die Überlebenden, die uns hinterher die
unglaublichsten Geschichten erzählen.
Wir können nur unser eigenes Leben beurteilen und fühlen. Wenn wir eine
Gesamtschau versuchen, wo dann alles ins rationale Bild passt, verlieren
wir die innere Stimme, die uns auf Gottes geheimnisvolles Wirken verweist.
Und davon reden die Geschichten der Bibel. Jakob spürt auf seiner Flucht
vor Esau, dass Gott da ist, er weiß nicht wie, und dass er trotz seines Betrugs
an Vater und Bruder von diesem Gott angenommen ist. Josef vertraut darauf, dass
alles gut wird, auch wenn er sich die Schwangerschaft Marias nicht erklären
kann. Auch die Hirten spüren, dass mit dem kleinen Kind in der ärmlichen Höhle
etwas Neues begonnen hat, das ihrem elenden Dasein Hoffnung und Glanz gibt. Und
ist dieses tiefe existenzielle Gefühl nicht bei der Geburt eines jeden Kindes
da? Diese völlig unbegründete Gewissheit, dass diese Welt ein gutes Ziel hat
trotz aller Bedrohung durch Terror und Kriege und die anhaltende Wirtschaftsungerechtigkeit
und Klimaveränderung?
Ja, der Messias kennt das von Anfang an: Bedrohung des Lebens, Flucht
und Entbehrung, das Leben der armen Leute, doch auch die andere Seite:
Solidarität der Weisen, Aufnahme in Ägypten, Gottes Schutz. Er teilt dieses
Leben in all seinen Aspekten mit uns – das wollte Matthäus uns Nachgeborenen
eindrücklich vor Augen stellen. Und wenn der Messias es zu einem guten Ende
gebracht hat, werden auch wir dies können, auch wenn es noch so viele
Entbehrungen geben sollte. So bekennen auch wir mit dem Israeliten:
„Mein Vater war ein umherirrender Aramäer und zog hinab nach Ägypten und
war dort ein Fremdling mit wenig Leuten und wurde dort ein großes, starkes und
zahlreiches Volk. Aber die Ägypter behandelten uns schlecht und bedrückten
uns und legten uns einen harten Dienst auf. Da schrien wir zu dem HERRN,
dem Gott unserer Väter. Und der HERR erhörte unser Schreien und sah unser Elend,
unsere Angst und Not und führte uns aus Ägypten mit mächtiger Hand und
ausgerecktem Arm und mit großem Schrecken, durch Zeichen und Wunder, und
brachte uns an diese Stätte und gab uns dies Land, darin Milch und Honig
fließt.
Nun bringe ich die Erstlinge der Früchte des Landes, das du, HERR, mir
gegeben hast. - Und du sollst sie niederlegen vor dem Herrn, deinem Gott, und
anbeten vor dem HERRN, deinem Gott, und sollst fröhlich sein über alles Gut,
das der HERR, dein Gott, dir und deinem Hause gegeben hat, du und der
Fremdling, der bei dir lebt.“
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